Mittwoch, 25. Juni 2014

Per Anhalter nach San Francisco

Bryce und Zion

Nachdem wir die trockene Hitze Moabs hinter uns gelassen haben, ging es zusammen mit Brian und Sama weiter zum Zion National Park. Da die Hotels bzw. Hostels dort ziemlich teuer waren, entschieden wir uns die Nacht auf einem Campingplatz zu verbringen. Camping stand nicht auf unserem Plan und daher hatten wir auch keine entsprechende Ausrüstung dabei. Von Brian konnten wir uns zumindest noch ein Zelt und einen Teppich als Schlafunterlage ausleihen und ich hatte noch eine dünne Ein-Mann-Matratze. Der Campingplatz befand sich in einem kleinen, sandigen Tal zwischen kahlen Felswänden am Rande des Nationalparks. So heiß es dort tagsüber auch werden mag, nachts hatten wir mit der sich breitmachenden Kälte ganz schön zu kämpfen. Nach und nach zogen wir ein Kleidungsstück nach dem anderen an, aber trotz allem machten wir kaum ein Auge zu.
Nachdem wir uns in der Morgensonne etwas aufgewärmt hatten, machten wir uns zu unserem Tagesziel dem Bryce Canyon auf. Einem 145 km² großen National Park auf ca. 2500 m über dem Meeresspiegel. Der Anblick der sich einem vom oberen Rand des Canyons aus bietet lässt sich nur schwer beschreiben. Es erweckt den Eindruck eines gewaltigen Labyrinths aus Sandsteinwänden und Felspyramiden, den sogenannten Hoodoos. Beim Durchwandern der durch den hohen Eisengehalt rot gefärbten Schluchten fühlt man sich wie auf einem anderen Planeten. Trotz der staubtrockenen Umgebung wachsen zahlreiche Büsche und Bäume gen Himmel. Den halben Tag wanderten wir auf den kilometerlangen, sandigen Wegen durch die Täler und bestaunten was die Natur hier durch Niederschläge und Erosion geschaffen hatte. Der strahlend blaue Himmel bot einen perfekten Kontrast zu den orange-roten Steingebilden was jedes Foto wie eine Postkarte wirken ließen. Am frühen Abend kehrten wir dann zu unserem Zeltplatz zurück und bereiteten unser Abendessen zu. Anschließend saßen wir ums Lagerfeuer und ließen den Tag Revue passieren während wir an unseren gegrillten Maiskolben nagten. Für die zweite Nacht konnten wir Gott sei Dank noch einen Schlafsack organisieren welcher uns Schutz vor der Kälte bot. 
Gut ausgeruht machten wir uns am nächsten Morgen zum Zion Nationalpark auf. Dieser unterscheidet sich durch seine üppige Vegetation und der vielfältigen Tierarten erheblich von seinem Nachbarn Bryce. Leider war es sehr überlaufen und wir hatten nur wenige Stunden Zeit, welche nicht annähernd ausreichte um das Gebiet zu erkunden. Zudem wird man innerhalb des Parks bequem mit Shuttle Bussen umherkutschiert, was leider wenig vom Abenteuer-Feeling übrig lässt. Wer hier herkommt sollte das am besten mit genügend Zeit tun um auch die abgelegeneren Orte besichtigen zu können.

Vegas Baby!!!

Kurz nach Mittag trennten wir uns dann von Brian und Sama, und es war wieder Zeit sich an den Straßenrand zu stellen und auf das Mitgefühl der Autofahrer zu hoffen. Das Ziel war bis zum Abend des nächsten Tages die Stadt der Sünde, Las Vegas, zu erreichen. Auf dem Weg dorthin spürte man fast mit jeder Meile wie die Temperaturen weiter stiegen und wir uns der Wüste Nevadas näherten. Dabei war die erbarmungslose Sonne nicht das Einzige was uns ins Schwitzen brachte. In Utah sowie in Nevada steht Trampen unter Strafe und wie uns einige Ortsansässige berichteten hat die Polizei in den kleineren Orten auf unserem Weg nichts Besseres zu tun als Tramper einzusammeln. Das erklärt wohl auch warum wir auf der ganzen Reise auf keine anderen Anhalter gestoßen sind. Da Busse für uns nicht in Frage kamen, stellten wir uns trotz der Warnungen mit wachen Augen an den Highway. Einige Male mussten wir uns verstecken wenn sich ein Streifenwagen näherte, aber im großen Ganzen verlief alles ohne größere Zwischenfälle und wir kamen heil an unserem Ziel an. Nur nahmen die Sonnenbrände, die wir uns in den letzten Tagen zugezogen hatten - trotz des 50er Sunblockers - nun unangenehme Ausmaße an. Meine Lippen waren dermaßen in Mitleidenschaft gezogen das ich in Vegas aussah als würde ich Lippenstift tragen. Damit fällt man dort aber zum Glück nicht wirklich auf. 
Übernachten konnten wir bei einem Freund von Sam, der mit seiner Familie in Vegas ein neues Zuhause gefunden hat. So bekamen wir auch einen Eindruck von dem normalen Leben in den Vororten, welches sich im Grunde nicht von dem in anderen Großstädten unterscheidet. 
Der Weltbekannte "Strip" hingegen umso mehr. Man fühlt sich wie in einer real gewordenen Puppenwelt. Alles ist gigantisch, farbenfroh, laut und man weiß nie welche verrückte Kuriosität hinter der nächsten Ecke wartet. Leider konnten wir die "Erfahrung" Las Vegas aufgrund unseres engeren Zeitplans und noch engerem Budgets eher nur am Rande erleben. Wir liefen uns die Hacken ab, spielten ein wenig, sahen uns eine Show an und genossen die kostenlosen Drinks die es zu jedem Glücksspiel gibt. Am besten lässt sich dieses Inferno für die Sinne wohl als pausenlose Reizüberflutung beschreiben. Der Tag bot einem harten aber willkommenen Kontrast zu den letzten Tagen in freier Natur. Obwohl wir keine verrückte Party Nacht hatten, kamen wir erst spät nach Hause. Unangenehmerweise war die erste Erkenntnis am nächsten Tag, dass ich ohne meinen Rucksack zurück gekehrt bin. Sprich ohne Geldbeutel mit Kreditkarte, Kameras, Ausweis und einige weiteren Sachen. Ich dachte schon ich könnte diese Stadt ohne kleineren Skandal verlassen. Das entspricht aber offensichtlich nicht den Regeln. 
Also packten wir so schnell es ging unsere restlichen Sachen und hasteten den ganzen Weg zurück in das Casino in dem wir zuletzt waren. An dem Rouletttisch an dem wir am Vorabend gezockt hatten war nichts zu finden also fragten wir beim Sicherheitsdienst nach. Die Dame am Schalter konnte uns nach einigen Telefonaten mitteilen, dass der Rucksack abgegeben wurde. Nun mussten wir noch einige Angaben über Aussehen und Inhalt machen und wenige Minuten später konnte ich das verlorene Gut wieder entgegen nehmen. Ein Gast hatte ihn abgegeben und zu meiner Verwunderung war noch alles da. Nicht einmal das Bargeld wurde entwendet. Glück gehabt! 

Die letzte Etappe nach San Francisco 

Erleichtert konnten wir uns anschließend wieder auf den Weg machen. Wir befanden uns nun mitten in Las Vegas und wer selbst schon einmal versucht hat aus einer Großstadt raus zu trampen, der weiß vor welchem Problem wir standen. Es gibt kaum Möglichkeiten um anzuhalten und die meisten Autos haben Ziele innerhalb der Stadt. Wir liefen so weit es ging und mussten einige kurze Fahrten in Anspruch nehmen bis wir endlich den Stadtrand erreichten. Zwischendrin dauerte es allerdings ewig bis uns jemand mitnahm. Von dort aus wurden wir von einer ehemaligen Casino-Mitarbeiterin mitgenommen, die uns auch noch Gutscheine für ein Buffet in einem der Casinos im nächsten Ort gab. Da wir uns unterwegs fast nur von Müsliriegeln ernährt haben, war das natürlich unser persönlicher Jackpot. Der restliche Tag war zwar lang verlief aber reibungslos.
Nach der üppigen Mahlzeit wurden wir von einer Familie aufgegabelt, die gerade von einem Rockfestival zurückkam. Sie fuhren uns bis in den Ortsteil von Los Angeles in dem Sams Freundin Aya wohnt, bei welcher wir die Nacht verbringen konnten.
Endlich waren wir in Kalifornien angekommen und mussten uns keine Sorgen mehr um die Polizei machen. Freundliche Leute, keine Wüstenhitze und gesundes Essen. Den ersten Vorgeschmack bekam ich in einer Art Bio-Supermarkt als ein bärtiger Angestellter mit langen blonden Haaren in gebeugten Gang an mir vorbeischlenderte und mit einem kurzen Kopfnicken trocken meinte: "Sup Dude?" ("s´geht Alter?) während er unbeirrt weiter seiner Arbeit nachging.
Am Ende der nächsten Etappe wartete dann das ersehnte Ziel San Francisco. Bis dahin war es aber noch ein ziemlich weiter Weg und unter normalen Bedingungen hätten wir nicht versucht es in einem Tag zu schaffen. Also machten wir uns früh auf die Socken und versuchten unser Glück. Aya fuhr uns noch ein Stück in Richtung Küste, von wo aus wir den berühmten Highway 1 erreichen wollten, der zu den schönsten Straßen der Welt zählt.
Nachdem sie uns abgesetzt hatte, besorgten wir uns in der nächsten Bar ein Stück Karton und einen Stift und bastelten uns ein Schild mit der Aufschrift "North California". Dummerweise befanden wir uns wieder mitten in einer Großstadt und LA ist nochmal eine ganze Ecke größer als Las Vegas. Nachdem wir zwei Fahrten später immer noch nicht wirklich aus der Stadtmitte raus waren entschieden wir uns widerwillig mit dem Bus bis direkt an die Küste zu fahren. Sogar das nahm mehrere Stunden in Anspruch und als wir uns endlich in den Ausläufer dieser Mega-Stadt an die Straße stellen konnten war es bereits früher Nachmittag. Langsam wurde uns klar dass wir unser Ziel wohl kaum bis zum Abend erreichen würden. Aufgeben kam aber so schnell nicht in Frage und zumindest wollten wir soweit wie möglich kommen.
Wir hatten es gerade einmal bis kurz vor Santa Barbara geschafft und hatten noch knapp 300 Meilen vor uns als ein schwarzer Ford Mustang anhielt. Darin saß Harry. Ein junger indisch-taiwanesischer Mann aus Oman der in Los Angeles studiert. Er meinte dass er nur so umher fahre und uns gerne ein Stück mitnehmen kann. Da wir um jede weitere Meile froh waren stiegen wie natürlich ein. Es stellte sich heraus, dass Harry eine unglaublich interessante Lebensgeschichte zu erzählen hatte und so tauschten wir Erfahrungen aus und am Ende fuhr er uns bis nach San Jose, wo Sams Schwester uns abholen konnte. Das war genau das kleine Wunder das wir gebraucht hatten. So schafften wir es tatsächlich unseren insgesamt ca. 2500 km langen Trip auf den Tag genau zu beenden.


l. im Van von Brian und Sama/ r. unser Campingplatz 


Bryce Canyon 1 


Bryce Canyon 2 


Vegas Baby!! 


Die Stadt der Sünde 


Unser persönliches 300 PS - Wunder 

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